von Thomas Rünker

500 Katholiken diskutieren über die Zukunft des Ruhrbistums

Unter dem Motto „Gute Aussichten“ standen am Samstag beim Zukunftsforum auf der Essener Kokerei Zollverein die Veränderungsprozesse im Bistum Essen und die Herausforderungen der Digitalisierung im Fokus.

Haupt- und Ehrenamtliche aus allen Bereichen des Bistums im Gespräch

Im Fokus: Pfarreientwicklung, Zukunftsbild-Projekte und Dialogprozess der Seelsorger

Gastvortrag von Zukunftsforscher Jörg Heynckes

Fröhliche Aufbruchsstimmung und Mut zur Veränderung trotz spürbarer Sparzwänge – wie die Katholiken im Bistum Essen künftig ihre Kirche gestalten wollen, haben am Samstag unter dem Motto „Gute Aussichten“ rund 500 Frauen und Männer auf dem Gelände der ehemaligen Essener Kokerei Zollverein diskutiert. Beim Zukunftsforum in der umgebauten Kompressorhalle sprach Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck von einem „Ort voller Energie und Dynamik“, der gut zu den dynamischen Entwicklungen passe, in denen das Bistum Essen aktuell unterwegs sei. Neben den Entwicklungsprozessen in den 42 Pfarreien des Bistums standen auf Zollverein auch die Ergebnisse der 20 Zukunftsbild-Projekte und der Dialogprozess der Seelsorgerinnen und Seelsorger im Fokus.

Generalvikar Klaus Pfeffer betonte, dass diese Prozesse hin zu einer modernen, zeitgemäßen Kirche auch durch Impulse von außen angestoßen wurden: „Wir würden hier nicht zusammensitzen, wenn der wirtschaftliche Druck nicht wäre.“ Doch gerade in den Pfarrgemeinden, die in diesen Wochen ihre Konzepte für die Zukunftsplanung bis 2030 festlegen, gehe es nicht um reine Sparkurse, so Pfeffer. „Wir wollen Wirtschaft und Seelsorge zusammendenken.“

„Jede Innovation entsteht, weil irgendwo ein Mangel ist.“

Dabei sei die Suche nach neuen Wegen aufgrund wirtschaftlicher Zwänge nichts Verwerfliches, hob der Zukunftsforscher Jörg Heynckes hervor: „Jede Innovation entsteht, weil irgendwo ein Mangel ist.“ Heynckes bereitete die haupt- und ehrenamtlichen Verantwortungsträger aus Pfarrgemeinden, Verbänden und den verschiedensten Einrichtungen des Bistums in seinem Gastvortrag auf „Die große digitale Transformation“ der Gesellschaft vor, sprach von den Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz und Robotern, moderner Mobilität und innovativen Arbeitsweisen. Alle gesellschaftlichen Regeln, Strukturen, Institutionen und Werte seien in Bewegung, sagte Heynckes und folgerte: „Nur durch Veränderung hat man eine Chance, sich weiterzuentwickeln.“ Auf die Kirche sieht er dabei nicht nur große Veränderungen, sondern auch wichtige neue Aufgaben zukommen: „Wir müssen dafür sorgen, dass der Mensch Zentrum dieser Bewegung bleibt.“

„Unser Bild von Gemeinde wird sich radikal ändern“

Heynckes warb für den Spagat zwischen digitalen Angeboten und Aktionen in den Stadtvierteln vor Ort – ein Weg, den gerade junge Leute beim „Zukunftsforum“ der Kirche empfahlen. „Wir brauchen Freiräume, um auszuprobieren, wie wir mit der Digitalisierung und einer zeitgemäßen Sprache mit Kirche und Gott umgehen“, sagte Daniela Fittinghoff, Messdienerleiterin aus Bochum-Wattenscheid. Wenn es um die Zukunft der Kirche gehe, sollten die Christen „stets die Perspektive der Generationen einnehmen, die nach uns kommen“, so Bischof Overbeck. Konkret erwarte er, dass sich „das Bild, das wir von Gemeinde gelernt haben, radikal ändern wird“. Unter anderem seien „neue Formen für kurzfristige Vergemeinschaftungen“ nötig, sagte der Bischof. Und es brauche „neue Formen zu beten. Da müssen wir von den jungen Leuten lernen“.

Bischof und Generalvikar werben für neues Miteinander im Bistum

Bei aller Unsicherheit warben Bischof und Generalvikar für ein neues Miteinander im Bistum. „Wir stehen in einem Prozess, in dem auch etwas verloren geht, in dem wir Abschied nehmen müssen“, sagte Pfeffer mit Blick auf anstehende Veränderungen und Kirchenschließungen in den Pfarreien. Er warnte davor, vor Ort „in Kämpfe zu geraten“. Es dürfe „nun keine Gewinner und Verlierer“ geben, vielmehr stünden alle Katholiken im Ruhrbistum „vor der Herausforderung, zu einem neuen Miteinander zu finden“. Dazu gebe es angesichts der anstehenden Arbeit bei der Umsetzung der zahlreichen Zukunftsprozesse in den Pfarreien, aber auch allen anderen Bereichen der Kirche im Bistum Essen reichlich Gelegenheit.

Eine innovative Form, Gottesdienst zu feiern, konnten die Zukunftsforum-Teilnehmer am Abend selbst ausprobieren: Bischof Overbeck lud in der ehemaligen Kokerei-Halle zur Messe ein – an den Tischgruppen, an denen die Katholiken den ganzen Tag diskutiert hatten, mit der modernen Musik der Pop-Kantoren, die sich zwischendurch mit dem „Heilig, heilig, heilig“ von Franz Schubert mischte und einer Predigt des Bischofs, vor der die Gläubigen zunächst in Gesprächen am Tisch ihre eigenen Gedanken zum Bibeltext austauschen konnten. Es sei „eine der wichtigsten Aufgaben der Kirche, Frieden zu halten, im Großen wie im Kleinen“, gab Overbeck den Gläubigen mit auf den Weg. Und Generalvikar Pfeffer übertrug Heynkes Zukunftsvision einer Gesellschaft, in der immer mehr Güter gemeinsam genutzt werden, auf die Kirche im Ruhrbistum: „Wer Zukunft haben möchte, muss sich vom Haben-Wollen verabschieden und loslassen.“

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